Europäisches Strafrecht

Straftaten machen nicht vor Staatsgrenzen halt; ganz im Gegenteil agieren Straftäter zunehmend international. Seien es Drogen-, Wirtschafts- und Internetkriminalität, Menschenhandel, Subventions- oder Anlagebetrug, sie finden mittlerweile vor allem grenzüberschreitend statt. Gute Kenntnisse der Rechtslage der betroffenen Länder sind daher ebenso unverzichtbar wie die Vernetzung mit Kolleginnen und Kollegen anderer Staaten. Mit beidem sind Sie bei uns richtig. Unser Strafverteidigerbüro ist international aufgestellt und verteidigt Sie auch grenzübergreifend.

Grundsätzlich fallen Strafrecht und Strafverfolgung nach europäischem Gemeinschaftsrecht in die Zuständigkeit der Nationalstaaten. Mit fortschreitender Integration geht allerdings eine von den Gremien der EU forcierte „Vergemeinschaftung“ des Strafrechts einher.

Im materiellen Strafrecht bedeutet dies, dass die europäischen Gremien verstärkt selbst Strafvorschriften erlassen und den Nationalstaaten zugleich zunehmend verbindliche Anweisungen für strafrechtliche Rechtsetzung und die Mindeststandards von Strafvorschriften erteilen (Mindesthöchststrafen).

Europäische Strafnormen gibt es, soweit Rechtsgüter der Gemeinschaft betroffen sind (Betrug, Bestechung zum Nachteil der Gemeinschaft). Diese Strafnormen sind zumeist in Rechtsnormen zur Lenkung des Wirtschaftsverkehrs enthalten. Mit der Vergemeinschaftung des Strafrechts erhält die Europäische Kommission zunehmend die Rechtsetzungskompetenz zugesprochen, durch Richtlinien auch entgegen dem Willen einzelner Mitgliedsstaaten verbindliche strafrechtliche Normen zu erlassen (Umweltstrafrecht, Urteil des EuGH v. 13.09.2005).

Darüber hinaus wird das Strafrecht der Mitgliedsstaaten durch den europäischen Gesetzgeber verstärkt zu Steuerungszwecken herangezogen, um ökonomische oder „sicherheitspolitische“ Ziele zu erreichen (Fälschung von Zahlungsmitteln, Geldwäsche, Insidermissbrauch, Terrorismus, Drogen, Menschenhandel, Schlepperei …). Diese Harmonisierungsakte schaffen in zahlreichen Kriminalitätsbereichen de facto ein europäisches Gemeinschaftsstrafrecht.

Strafprozessrechtlich erfolgt eine „Vergemeinschaftung“ durch die Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung. Dieses Prinzip besagt, dass grundsätzlich die Strafverfolgungsmaßnahme eines Mitgliedsstaates in einem anderen Mitgliedsstaat Wirksamkeit entfalten soll, - unabhängig vom Recht des die Untersuchung führenden Staates und unabhängig vom Grundsatz der Gegenseitigkeit. In der Rechtswirklichkeit greift dieses Prinzip bereits vielfältig: Europäischer Haftbefehl, gegenseitige Vollstreckung von Geld- und Freiheitsstrafen, Beweismittelbeschaffung im Ausland.

Hinzu kommt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung (Auslieferung, Vernehmung, Observation, Telefonüberwachung etc.). Insbesondere das Europäische Auslieferungsrecht Automatismen und zumeist völlig unabhängig von einer Sachverhaltsprüfung.

Die „Vergemeinschaftung“ des Strafrechts bedeutet für qualifizierte Strafverteidigung, dass sie nicht im nationalen Rahmen verharren darf, sondern sich der Europäisierung öffnen muss, - durch internationale Zusammenarbeit, durch Erweiterung der Rechtskenntnisse und durch den Versuch der Einflussnahme auf die weitere Rechtsentwicklung. Wir sind dabei.


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